Auch das Thema „Frauen“ kam seit dem Wahlkampf 1971 in Schwung, auch wenn sich dies nicht gravierend im Wahlergebnis niederschlug. 1975 trat Sybille Köber für die Freien Wähler an und engagierte sich bis 2004 im Stadtrat. Großen Wert legte sie darauf, ohne Fraktionszwang ihre Meinung kund zu tun. So stimmte sie z.B. gegen den Bau des Teck-Centers. Sie wollte außerdem nicht nur die typisch weiblichen Themen besetzen und kam als erste Frau in den technischen Ausschuss. Als erste Stadträtin übernahm sie den Fraktionsvorsitz. Sie engagierte sich im Ausländerarbeitskreis und im Integrationsausschuss, ebenso wie in der Senioren- und Kinder- und Jugendarbeit. Ein großes Anliegen war ihr die Gründung eines Frauenhauses. Höhepunkt ihrer kommunalpolitischen Karriere war ihre Wahl in den Kreistag 1999.
Hannelore Bodamer wurde insgesamt sechs Mal für die CDU-Fraktion in den Gemeinderat gewählt und gestaltete von 1975 bis 2004 das Wohl der Stadt mit. Sie vertrat ihre Meinung im Schul-, Sport-, Kulturausschuss, im Sozialausschuss, im Kindergartenausschuss, aber auch im Finanz- und Verwaltungsausschuss. Seit 1979 war sie Mitglied des Kreistages. Sie arbeitete als Vorstand des Vereins Lebenshilfe e.V. , rief 1980 den Seniorentanzkreis ins Leben und organisierte den Kinderfasching. Anlässlich ihres 65. Geburtstages 1995 erhielt sie dafür das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Die Zahl der Kandidatinnen entwickelte sich bei den Kommunalwahlen 1980 und 1984 zwar allmählich nach oben, nicht aber der Anteil der Frauen im Kirchheimer Gemeinderat.
Ab 1989 veränderte sich die Berichterstattung in der Lokalpresse deutlich. Nun ging es gezielt um Inhalte einer Politik von Frauen und für Frauen. Alle Parteien strichen ihre Kompetenz zu Frauenfragen heraus, was in Wahlanzeigen (Teckbote v. 14.10.1989), hier von der SPD, so aussah: „Die Menschheit besteht zur Hälfte aus Männern und Frauen. Warum nicht auch der Kirchheimer Gemeinderat?“ Von dieser Hälfte blieb das Wahlergebnis dann aber mit nur fünf Frauen unter 27 Männern im Ratsrund weit entfernt. Der Anteil der Kandidatinnen stieg in den Folgejahren kontinuierlich an und verdreifachte sich bis zur Wahl 2004, nicht zuletzt auch durch die neu angetretene Frauenliste. Die Zahl der Gemeinderätinnen stagnierte allerdings im gleichen Zeitraum bei sieben und ist inzwischen auf sechs gesunken. Auch wenn das Gros der Frauen heute bestens ausgebildet ist, so üben Frauen doch häufig weniger öffentlichkeitswirksame Berufe aus, leisten nach wie vor den Löwenanteil an der Erziehungsarbeit, wodurch sie mehr im häuslichen Bereich gebunden sind, und übernehmen auch im Ehrenamt eher soziale als repräsentative Aufgaben. Wählerinnen wählen offensichtlich weniger Wahlbewerberinnen, weil sie ihnen nicht zutrauen, was sie sich selbst nicht zutrauen. Bleibt zu hoffen, dass die politischen Kompetenzen von Frauen, egal welcher Partei, bei der nächsten Kommunalwahl zur Kenntnis genommen und honoriert werden. Eine umfassende Darstellung des Themas findet sich in Band 32 der Schriftenreihe des Stadtarchivs, der vor Ende 2008 erscheinen wird.
Silvia Oberhauser/Renate Schattel
Bilder:
Sitzung: Sitzung des Kirchheimer Gemeinderats (ca. 1960), in der Mitte, als einzige Frau, Martha Siegl
Stehend: Kirchheimer Gemeinderat (25.7.1984). Vordere Reihe: Hannelore Bodamer, Sybille Köber, Lore Maier (3., 4., 5. v.li.)
Quelle für beide Bilder: Stadtarchiv